
Die Fraktionsvorsitzende Maria Ansorge hat in ihrer Haushaltsrede eine stärkere Kooperation mit den Nachbargemeinden gefordert. Was stellen Sie sich hier konkret vor und welche Beträge wollen Sie damit einsparen?
Zusammenarbeit der Kommunen bei der Aufgabenerledigung gibt es schon in vielen Bereichen (z.B. Wasserversorgung, Energieberatung, Bildungsangebote über die VHS und die Musikschule usw.), in anderen Bereichen rechtlich zulässiger kommunaler Betätigungsfelder wird sie schon konkreter gedacht. Beispiele sind hier ein gemeinsamer Netzbetrieb der Energienetze in den Kommunen, eine Ausweitung energiewirtschaftlicher Betätigungen in Bereichen der Energietransformation, der gemeinsamen Bewirtschaftung von Straßenbeleuchtungssystemen, einer gemeinsamen Bewirtschaftung von Bädern usw. Die SPD Recke möchte damit jedoch nicht aufhören und strebt weitere Umstrukturierungen der kommunalen Aufgabenerledigung im Rahmen verbesserter interkommunaler Zusammenarbeit an. Die Möglichkeiten, die sich durch die Nutzung edv-gestützter Systeme in den Kommunen ergeben, müssen lokal und regional konkreter untersucht und zur Ausschöpfung auch wirtschaftlich optimierter Aufgabenerledigung aufgearbeitet werden. Denkbar
wäre aus Sicht der SPD-Fraktion auch in anderen kommunalen Aufgabenfeldern (z.B.
Abwasserentsorgung, Bauleitplanung der Gemeinde, kommunales Gebäudemanagement usw.) eine
verbesserte wirtschaftliche Aufgabenerledigung, denn viele andere Kommunen nutzen schon
entsprechende Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit.
Die dadurch erzielbaren Einsparungen oder Einnahmeverbesserungen für die Gemeinde lassen sich
nicht so einfach prognostizieren. Dazu sind umfangreiche Voruntersuchungen erforderlich. Auch
müssen die Wirkungen von Umstrukturierungen auf die Beschäftigten im Auge behalten werden, die
Umstrukturierungen müssen sozialverträglich sein. Der "Teufel" steckt dabei vielfach in Details.
Welcher Aufwand erforderlich sein kann, sieht man an den aktuell laufenden Vorbereitungsarbeiten
zur potenziellen Aufnahme energiewirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden zum Energienetzbetrieb. Auch ändern sich laufend die Rahmenbedingungen durch z.B. Rechtsänderungen, Marktänderungen, Verfügbarkeit neuer Technik usw., die natürlich auch finanzielle Wirkeffekte besitzen.
Die SPD-Fraktion zeigt sich skeptisch, was neue Baugebiete betrifft. Braucht Recke aber diese nicht, um für junge Familien attraktiv zu bleiben?
Die Gemeinde muss für verschiedene Nutzergruppen Wohnungsangebote in angemessener Form anbieten oder vorbereiten (z.B. Senioren, Singlehaushalte und Kleinfamilien, Familien mit guten, kleinen oder sehr kleinen Einkommen und natürlich auch für junge Familien). Eine Einengung der lokalen Betrachtung zu angemessenen Wohnraumangeboten auf eine einzelne Nutzergruppe scheint der SPD-Fraktion nicht angemessen. Die Gemeinde wird hier auch immer auf konstruktive Mitarbeit von Privatfirmen, der Baugenossenschaft, anderen Trägern und den Privateigentümern von Grundstücken angewiesen sein. Es wäre vermessen, der Gemeinde eine umfassende Kompetenz zur Lösung der privaten
Wohnformwünsche junger Familien zuzuordnen. Sie kann nur Hilfestellung geben und Vorbereitungen treffen, dass Angebote zur Realisierung privater Wohnformwünsche und zum sozialen Wohnungsbau in der Gemeinde vorhanden sind und genutzt werden können. Ergänzende kommunale Förderinstrumente müssen zielgruppenorientiert ausgestaltet werden.
Die Bevölkerungsentwicklung schrumpft seit 2004 in Recke. Für die Zukunft deutet sich ein weiterer
Rückgang der Bevölkerungszahl an. Dies spiegelt sich in gewisser Weise schon statistisch in der
Neuschaffung neuer Wohnungen in Recke. Wurden im Zeitraum von 2005 – 2008 nach Regionalplanungsdaten durchschnittlich 25 neue Wohnungen je Jahr in Recke gebaut, waren es 2008
nur noch 15. Wir steuern damit auf einen Punkt in Recke zu, wo der Abgang von Wohnungen mit der
Schaffung neuer Wohnungen in einen Gleichgewichtszustand kommen und langfristig sogar ein Überwiegen der Nutzungsaufgabe bestehender Wohnungen eintreten wird.
Neuschaffung von Siedlungsinfrastrukturen (z.B. Straßen, Kanäle, Energieleitungen für Strom und
Gas, Systeme für Informations- und Kommunikationstechnologien, Trinkwasserversorgung,
Abfallentsorgung usw.) schlägt finanziell – für den Bürger nicht unmittelbar und direkt wahrnehmbar – in die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürgerinnen und Bürger durch. Deshalb muss gerade die Politik dies bei der Siedlungsentwicklung der Gemeinde im Auge behalten, damit die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger im zumutbaren Rahmen bleiben. Für die SPD bedeutet dies konkret, dass
u.a. der tatsächliche Bedarf zur Ausweisung neuer Baugebiete in der Gemeinde zum Bau von
Einfamilienhäusern in qualifizierter Form ermittelt werden muss. Dies ist aus Sicht der SPD bisher noch nicht von der Gemeindeverwaltung für die Gemeinde Recke erbracht worden. Sie schlägt daher eine Ermittlung durch die FH Münster vor, wobei die Gutachterkosten zur Schonung des
Gemeindehaushaltes mit Mitteln aus dem LEADER-Fördertopf zumindest anteilig gedeckt werden
könnten. Sollte der Zubau von jährlich 15 neuen Wohnungen sich auch für die Jahre seit 2009 bis
2012 bestätigen oder sogar noch weiter verringert haben, müsste aus Sicht der SPD eine
siedlungsentwicklungspolitische Lösung schon in den bestehenden Siedlungsbereichen und den für
Neubau schon ausgewiesenen Baugebieten in der mittelfristigen Zukunft möglich werden.
Sie kritisieren die Verwaltung dafür, dass diese Dienstleistungen an externe Anbieter
vergibt. Was ist falsch daran?
Erfahrungen zeigen, dass die Vergabe von Dienstleistungen an externe Anbieter in vielen Fällen unbefriedigende Ergebnisse zeigen, da ihnen oft das Wissen zu den lokalen kommunalspezifischen
Aspekten im Detail fehlt. Regelmäßig müssen die Kommunalverwaltungen daher erhebliche
Arbeitskapazität in die Begleitung extern vergebener Aufträge stecken. Regelmäßig anfallende
Dienstleistungen sollten daher aus Sicht der SPD durch eigene Fachkräfte erfüllt werden können. Im
Rahmen ausgebauter interkommunaler Zusammenarbeit ließe sich auch ein höheres Fachwissen oder
Fachdienstleistungsangebot vorhalten, welches für kommunale Nutzungen situativ vorrätig wäre.
Hinzu kommt, dass externe Anbieter von Leistungen nicht nur eine Kostendeckung ihrer selbst
erbrachten Leistung verlangen, sondern zusätzlich Gewinne für sich verwirklichen. Dies führt unterm
Strich zu einer Kostenerhöhung für die Gemeinde für eine entsprechende Leistung, die letztlich über
Abgabenzahlungen der Bürgerinnen und Bürger getragen werden muss.
Eine Vergabe von Dienstleistungen an externe Anbieter muss daher auf ein sinnvolles Maß begrenzt
bleiben, was nicht über kommunalwirtschaftlich sinnvoller geregelte Aufgabenerledigung durch
kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbracht werden kann.
Das Thema Umgehungsstraße beschäftigt Recke schon seit vielen Jahren. Wie sehen Sie die Chancen für eine solche Straße, die den Ortskern nachhaltig entlastet?
Jüngste Pressemitteilungen weisen darauf hin, dass die Landesmittel zum Bau von Umgehungsstraßen in NRW zukünftig weiter gekürzt werden. Mittelfristig hält die SPD-Fraktion es für unrealistisch, eine Finanzierung des Baus zur Verlängerung der Umgehungsstraße herbeiführen zu können, zumal der Gemeindehaushalt selbst dafür auch keine Handlungsspielräume erkennen lässt. Man würde den Bürgerinnen und Bürgern in Recke unrealistische Hoffnungen wecken, würde man hier eine andere Haltung vertreten.
2018 schließt die Zeche in Ibbenbüren, die auch vielen Reckern Arbeit gibt. Was fordern Sie von der Verwaltung, damit die drohenden Folgen beherrschbar bleiben?
Schon heute pendeln viele Reckerinnen und Recker, die ihren Arbeitsplatz außerhalb von Recke
haben. Viele von diesen sind bei der RAG in Ibbenbüren beschäftigt. Für die jetzt in der RAG
beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird ein sozialverträglicher Ausstieg vorbereitet. Die Recker SPD bedauert die Vernichtung lokaler Arbeitsplätze im Bergbau als Folge der politischen
Entscheidungen von CDU und FDP im Bund zum Kohleausstieg, da dies – auf längere Sicht –
rohstoffwirtschaftlich nicht vertretbar für Deutschland erscheint.
Es gilt nun, neue Arbeitsplatzangebote in der Region zu schaffen, damit junge Leute in Recke und der näheren Umgebung Beschäftigung finden können. Die Gemeindeverwaltung leistet hier – anteilig –
aus Sicht der SPD schon gute Arbeit, um strukturelle Veränderungen zu gewerbe- und
industriepolitischen Rahmenbedingungen in der Region zu verwirklichen, denn die
Gemeindeverwaltung kann allein die Lösung nicht erzwingen. So wird über die Neuausweisung
zusätzlicher Industrie- und Gewerbeflächen mit den übergeordneten Behörden in der Region verhandelt. Für die Standorte von RAG-Betriebsstätten über Tage wird eine Machbarkeitsstudie gefertigt werden, wie zukünftig mit diesen Betriebsstandorten umgegangen werden könnte und
sollte. Gewisse Hoffnungen richten sich dabei auf energiewirtschaftliche Betätigungsmöglichkeiten
auch in Zukunft.
Aktiv und eigenverantwortlich kann die Gemeinde nur in solchen Tätigkeitsbereichen handeln, wo sie
als Gemeinde tätig sein darf. Sie unterliegt hier rechtlichen Einschränkungen gemeindlicher
Betätigung. Die Energiewirtschaft wäre grundsätzlich ein solch zulässiges Betätigungsfeld. Die Recker SPD hatte schon früher die Ausweitung des Geschäftsfeldes einer damaligen gemeindeeigenen Gesellschaft – Recker Abwasser GmbH – gefordert, damit sie auch energiewirtschaftlich für die Gemeinde tätig werden kann. Die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen wurden zwischenzeitlich verändert und die neu ausgerichtete kommunale Gesellschaft (Recker Anlagen- und Verpachtungs-GmbH) wurde auch schon in neuen Geschäftsfeldern aktiv (PV-Nutzung, Errichtung von Betriebsgebäuden der Gemeinde). Aktuell anstehend sind Planungen zur Windkraftnutzung durch die Gemeinde selbst oder in Kooperation mit anderen lokalen Akteuren. Sie leistet damit im Rahmen der gemeindlichen Möglichkeiten positive Beiträge zu lokalen / regionalen Beschäftigungseffekten. Die
SPD sieht hier Potenziale, die kommunale Gesellschaft für diese Zwecke in gesteigertem Maße zu nutzen. Weitere Beschäftigungseffekte können durch die Rückholung kommunaler Dienstleistungen
an kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv von der Gemeindeverwaltung gestaltet
werden. In diesem letztgenannten Bereich vermisst die SPD-Fraktion jedoch das entsprechende
Engagement der Verwaltungsleitung, hier zu Änderungen veralteter und verkrusteter Strukturen aktiv beizutragen.
In der Schulpolitik warnen Sie vor rückläufigen Schülerzahlen. Ist das Bildungsangebot vor Ort in Gefahr?
Die den Ratsfraktionen vorliegenden Untersuchungen zur erwartbaren Schülersituation in Recke gehen von fallenden Schülerzahlen für die Zukunft aus. Dies wirft lokal die Frage auf, ob die
bestehenden Strukturen des Bildungsstandortes Recke der Zukunftsentwicklung gerecht werden
können oder hier Anpassungen erforderlich werden. Mit der Angliederung der Elisabethschule an die
Overbergschule wurde ein erster Anpassungsschritt in Recke schon vollzogen. Die SPD geht von
weiteren notwendigen Maßnahmen aus, die in Kooperation mit anderen Trägern von Schulen oder
Bildungsangeboten – auch übergemeindlich – ausgearbeitet und entwickelt werden müssen. Die
Recker SPD steht hier mit ihrer Kraft für die Fortentwicklung eines qualitativ hochwertigen Angebots ein. Qualitativ hochwertige Bildungsangebote vor Ort sind für die SPD ein Schlüsselfaktor für die Attraktivität einer Gemeinde und eine unverzichtbare Grundlage, die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen auf die Bewältigung von Herausforderungen – auch in Zukunft – vorzubereiten.
Seit 2009 ist die SPD nur noch die dritte Kraft im Rat. Was wollen Sie tun, damit sich dies
bei der nächsten Wahl ändert?
Entscheidend wird sein, dass die Bürgerinnen und Bürger Reckes die lokale SPD als tatsächlich
gestaltende Kraft im Gemeinderat wahrnehmen und die SPD mit ihren vorgetragenen Sachargumenten überzeugen kann. Die SPD versteht sich als Heimat für Menschen mit sozialem Gewissen, Interessenvertretung von Arbeitnehmerinnen und -nehmern, Kämpferin für qualitativ hochwertige lokale Bildungsangebote und Befürworterin einer verantwortungsvollen Nutzung natürlich vorhandener Ressourcen der Natur, aktive Gestalterin einer lebenswerten Gemeinde und bietet gestaltungswilligen Bürgerinnen und Bürgern ihre Partnerschaft.
Auf Vorschlag der SPD wurden in der Vergangenheit einige Änderungen von Weichenstellungen in der
Gemeinde schon herbeigeführt. Beispiele: Änderung des Geschäftsbereiches der kommunalen
Gesellschaft zur Anlagen- und Verpachtungsgesellschaft, Einführung konzessionsabgabenähnlicher Zahlungen von privaten Energiedienstleistern in der Gemeinde, die gemeindliche Straßen und Wege benutzen, mehrjähriges Bohren der Fraktion zur Umstellung der Abwassergebührenermittlung im
Niederschlagswasserbereich, letztlich musste die Gemeindeverwaltung Recke durch Entscheid des
Oberverwaltungsgerichts ihre Weigerungshaltung aufgeben.
Mit Anträgen fordert die SPD Reformen in Recke ein, um z.B. mehr Wirtschaftlichkeit im
Verwaltungshandeln zu erreichen (aktuell z.B. "KoPart"-Antrag, Berücksichtigung von Folgekosten
kommunaler Bauleitplanung), mehr soziale Gerechtigkeit in Recke zu verwirklichen (aktuell:
Umstrukturierung von Kostenbelastungen bei Elternbeiträgen zur offenen Ganztagsschule, Öffnung
neuer Möglichkeiten in Recke für den sozialen Wohnungsbau), über die in den nächsten Sitzungen zu
beraten sein wird.
Nur wenn es der SPD in Recke gelingt, den Bürgerinnen und Bürgern in Recke zu vermitteln, dass sie ihr verlässlicher politischer Partner in der Kommune ist, um Modernität, soziale Gerechtigkeit, qualitativ hochwertige Bildungsangebote, Effizienzsteigerung der Verwaltung, Nachhaltigkeit politischer Verantwortungswahrnehmung durchzusetzen, wird es möglich sein, Vertrauen in der Bürgerschaft für die SPD aufzubauen und bei der nächsten Wahl mit einem hoffentlich besseren Ergebnis dann abzuschneiden.