Der Haushalt 2004 – Basis für die Gemeindepolitik ?

Maria Ansorge
Maria Ansorge

Herr Bürgermeister,
meine Herren und Damen!
Als erstes möchte ich unserer Verwaltung danken für ihren bemerkenswerten Fleiß und das große Engagement, das sie in diesem Jahr für unsere Recker Bürgerinnen und Bürger an den Tag gelegt hat. Wir alle wissen, dass 5,5 Stellen in unserer Gemeindeverwaltung nicht besetzt sind, und bei 53 vollen Stellen insgesamt sind das ca. 10 %. Da müssen alle, insbesondere die Leute in den gehobenen Positionen, wo die meisten Arbeitskräfte fehlen, einen ordentlichen Schlag zulegen. Nur, wie lange kann man den Gemeindebediensteten eine solche Überbeanspruchung zumuten, insbesondere wenn ihnen ständig neue zusätzliche Aufgaben zufließen wie z. Bsp. die Berechnung der Grundsicherung oder jetzt das neue Kommunalmanagement. Sehen sie sich noch in der Lage die Belange unserer Bürger gründlich und gleichzeitig zügig zu bearbeiten?
Da befinden sich Bürgermeister und vor allem der Rat in der Verantwortung! Sie müssen Sorge tragen, dass die Belastung nicht noch durch unnötige Arbeit vermehrt und erschwert wird. Eine sinnlose Erschwerung – wie sie zum Beispiel die Aufstellung des Haushaltsplanes für 2004 zum jetzigen Zeitpunkt darstellt.

Der vorgelegte Haushalt beruht auf Steuerschätzungen vom Mai dieses Jahres und jeder weiß, dass es Ende November neue Zahlen mit weniger Steuereinkünften gegeben hat.
Aber diese Zahlen wurden nicht abgewartet.

Jeder weiß, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die zur Zeit noch vom Bundesrat blockiert wird, Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen haben wird.
Aber das Ergebnis wird nicht abgewartet.

Jeder weiß, dass die geplante Vorziehung der Steuerreform, die zur Zeit noch vom Bundesrat blockiert wird, auch die Gemeindekasse treffen wird.
Aber eine Einigung wird nicht abgewartet.

Jeder weiß außerdem, dass eine Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes ansteht, die zur Zeit noch vom Bundesrat blockiert wird, und auf die alle Städte und Gemeinden sehnsüchtig warten.
Aber auch hier wird das Resultat nicht abgewartet.

Der Städte- und Gemeindebund (keine SPD Organisation!) empfiehlt, die Haushalte erst im neuen Jahr aufzustellen.
Die CDU in unserem Rat kümmert das nicht, denn sie weiß in ihrer übergroßen Mehrheit natürlich alles besser.

Wenn uns ihr Fraktionsvorsitzender Herr Straten wie in jedem Jahr, mit Zahlen zu erschlagen sucht, tut er dies, um den Anschein zu erwecken, die Basis dieses Haushaltes sei berechenbar. Genau das ist sie nicht, da sie von den vorhin erwähnten Größen abhängt.
Dieser Haushalt verdient den Titel:

Was wäre, wenn …. ?????

Also:
Was wäre, wenn bei den Schlüsselzuweisungen vom Land im Haushaltsplan nicht locker ca. 220.000 Euro mehr zugrunde gelegt worden wären als die Maiberechnung hergibt?
Der Haushalt könnte nicht ausgeglichen werden! Haushaltssicherungskonzept!!!

Was wäre, wenn die Schul- und Sportstättenpauschale von insgesamt 219.000 Euro zur Investition, wie vom Land gedacht, und nicht zum Decken von Verwaltungskosten verwendet würden?
Der Haushalt könnte nicht ausgeglichen werden! Haushaltssicherungskonzept!!!

Was wäre, wenn einmal alle Schulden – auch die, welche wir in anderen Haushalten stehen haben – addiert und uns vor Augen geführt würden ?
Das ergäbe Ende 2004 ungefähr 17 Millionen Euro!. Gut 1,1 Millionen Euro mehr als Ende dieses Jahres, wobei von den 3,8 Millionen Euro des Vermögenshaushaltes nur 2,8 Millionen wirklich zur Vermögensbildung verwendet werden.
17 Millionen Euro Schulden! Nur eine Million Euro weniger als das Volumen unseres Verwaltungs- und Vermögenshaushaltes zusammen.
Eine solche Schuldenberechnung wäre endlich einmal ehrlich!

Was wäre, wenn man die insgesamt 1500 Euro für den Sonderfond „Ungeborenes Leben“ und für den Umwelt- und Naturschutz aus dem Haushaltsplan striche?
Dann hätte man nur ein Feigenblatt entfernt, denn diese Gelder sind in den letzten Jahren überhaupt nicht ausgezahlt worden. Sie dienten nur als Sparmasse!

Bei allem „Wäre“ bleibt eines unumstößlich, das Haushaltsicherungskonzept droht und würde schon 2004 greifen, wenn der Haushalt komplett mit den Mai-Prognosen berechnet wird.
Allerdings verzichtet die Landesregierung im kommenden Jahr auf die Umsetzung der Steuerschätzungen und kreditiert den Städten und Gemeinden das Geld bis zum Jahre 2005. Doch dann wird spitz abgerechnet. Die Katastrophe für Recke ist damit nur um ein Jahr aufgeschoben, nicht aufgehoben.
Aber, obwohl der Haushaltsplan diese dramatische Entwicklung für 2005 immerhin aufweist, entwickelt er keine Perspektiven für die nächsten Jahre. Nach den Vorgaben muss ein Weg aufgezeigt werden, der innerhalb von 5 Jahren aus der Misere (sprich: aus dem Haushaltssicherungskonzept) führt. Leider Fehlanzeige! Wir brauchen aber verlässliche und zukunftsweisende Pläne für die finanzielle Zukunft unserer Gemeinde, denn Rücklagen, auf die 2004 zurückgegriffen wird, gibt es in Zukunft nicht mehr.
Wir werfen der CDU nicht vor, die Gelder der Gemeinde leichtfertig und sinnlos aus dem Fenster geworfen zu haben, und geplant wird für 2004 auch nur noch das Allernötigste. Doch wir vermissen an vielen Stellen Transparenz und auch ein gewisses Augenmaß.

So haben die erste und zweite Erweiterung der Fürstenbergschule (die wir für richtig und wichtig halten) die Gemeinde 2,9 Mill. Euro gekostet. Hier hätte nach unseren Erkenntnissen deutlich preisgünstiger gebaut werden können. Hieß es noch in der Beiratssitzung der Fürstenbergschule Mitte Oktober, dass wegen der hohen Kosten der 2. Erweiterung und der prekären Lage der Gemeinde im kommenden Jahr keine weiteren Anschaffungen getätigt würden, lag später unvermittelt ein Papier auf dem Tisch, welches 25.000 Euro für Einrichtungsgegenstände von der Gemeinde fordert. Das ohne weitere Erklärung oder Aussprache. Trotzdem soll gezahlt werden!
Daneben legt man das Thema „Offene Ganztagsgrundschule“ ein halbes Jahr lang „auf Eis“, nachdem die SPD eine Elternbefragung zu diesem Thema forderte. Keine Informationsveranstaltung für die Erziehungsberechtigten! Während z. Bsp. in Ibbenbüren bereits 4 Grundschulen die Ganztagsbetreuung mit großem Erfolg anbieten, und die dortige CDU sie als Bereicherung für das Schulangebot preist, wird die Ganztagsgrundschule von der hiesigen CDU verrissen. Erhebliche Fördermittel, die bei Land und Bund noch bereitliegen und nach Recke fließen könnten, wurden nicht beantragt. Da fragen wir uns doch, ob die Recker Grundschulen für unsere Christdemokraten denselben Stellenwert haben wie die Fürstenbergschule.
Bei den Grundschulen wird die finanzielle Hilfe nicht zügig angenommen, jedoch ein Riesengeschrei erhoben, weil die Landesregierung die Ersatzschulfinanzierung um 1,5 Prozent kürzen will (nach den neuesten Beschlüssen nur für ein Jahr).
Dazu sei angemerkt, dass wir die Kürzungen im sozialen und schulischen Bereich, welche die Landesregierung aus akutem Geldmangel vornehmen muss, außerordentlich bedauern, aber einsehen, dass die hohen Standards, die sich NRW bisher geleistet hat, nicht mehr bezahlt werden können. So gibt es außer im Saarland kein Bundesland mit einer derartig guten Ersatzschulfinanzierung wie in NRW. Stünde unsere Fürstenbergschule beispielsweise in Bayern, müsste der Träger das Doppelte bis Dreifache an Eigenmitteln aufbringen.

Die Gebühren für unsere Bäder werden aus Geldmangel angehoben, was wir mittragen, weil Hallen- und Freibad einen hohen Zuschuss erfordern und wir sie langfristig gerne erhalten möchten.

Die Siedlungsgemeinschaften sollen ihre Spielplätze selbst pflegen, weil gespart werden soll.

Die dringend notwendige Turnhalle ist vorläufig abgeschrieben und die Dreifachsporthalle wird nicht saniert.

Das längst fällige Feuerwehrauto kann erst im übernächsten Jahr gekauft werden (hoffentlich)!

Der Ausbau der Straßen in den neuen Siedlungsgebieten – aufgeschoben, aufgeschoben!

Daneben verkündete unser Bürgermeister noch vor kurzem öffentlich, die Mittel für einen Radweg nach Halverde könne er, falls erforderlich, aufbringen. Woher denn?
In Recke passt so einiges nicht zusammen und kann auch unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht vermittelt werden.

Alles in allem können wir als verantwortungsbewusste Ratsmitglieder ein solches Kartenhaus von Haushalt nicht mittragen und fordern – wie schon in den vergangenen Beratungen – als Basis für eine verlässliche Planung die anstehenden richtungsweisenden Entscheidungen in Bund und Land abzuwarten, um auf einer festen Basis einen Haushalt für das kommende Jahr beschließen zu können.
Wir werden keine vermögenswirksamen Anträge stellen, weil die Folgen zur Zeit nicht abgesehen werden können.
Wir fordern für 2004 nur das eine, Mittel für die Sicherung des Bahnüberganges an der Kanalstraße, wo in diesem Jahr ein Menschenleben zu beklagen war, in den Haushalt einzustellen. Zwar wurde diese Maßnahme schon von uns im laufenden Jahr beantragt und auch mehrheitlich beschlossen, doch offenbar fiel sie dem „schwarzen“ Rotstift zum Opfer. Aber auf Kosten der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger darf nicht gespart werden.